Vision
Nutzungskonzept für das südliche Griebnitzseeufer
Vorgestellt vom Verein Griebnitzsee für Alle e.V.
Die Situation
An kaum einem Flecken Erde in Potsdam spiegeln sich geschichtliche Ereignisse so zahlreich wider wie am Ufer des Griebnitzsees. Gelegen an der Nahtstelle zwischen Potsdam und Berlin, wurde das Viertel immer wieder zum Schauplatz des Welt- und Lokalgeschehens. Beinahe jedes Haus in der 130 Jahre alten Villenkolonie hat eine bemerkenswerte Historie. Deshalb ist der Uferweg wie kaum ein anderer Ort geeignet, Geschichte mit landschaftsgärtnerischen und museumspädagogischen Mitteln lebendig zu erhalten.
Die Idee
Ein Lehrpfad entlang des Uferwegs könnte die vielfältigen Abschnitte der 200jährigen Geschichte dieses Ortes zu einer einzigartigen Attraktion verknüpfen. Gezeigt werden können Spuren der Nutzung als Maulbeerplantage und Meierei, der Gründerzeit, der Weimarer Republik, des jüdischen Deutschland, der Geschichte des Films, der Architekturgeschichte, der Nazi-Zeit mit Enteignung, Vertreibung, Umnutzung von Gebäuden (BDM-Hauptquartier) und Widerstand (Henning v. Tresckows Vorbereitungen für das Attentat am 20. Juli), der alliierten Besatzung mit Ausweisung der Anwohner, der Potsdamer Konferenz mit Unterbringung der drei Delegationen und Befehl zur Zündung der ersten Atombombe, der sowjetischen Besatzungszeit, der DDR-Zeit mit Topographie der Grenzanlagen und des Todesstreifens: Hier stehen die einzig erhaltenen Winkelmauerstücke an der Stubenrauchstrasse. Erinnert werden könnte an Postenweg, Hundelaufanlage, Reste der Grenzanlage.
Dokumentiert werden könnten die Aufmarschpläne der NVA am Griebnitzsee sowie Geschichten von erfolgreichen und gescheiterten Fluchtversuchen, außerdem die Nutzung der Villen durch Grenztruppen und Staatssicherheit direkt neben Kindergärten und der Filmhochschule.
Aus der Zeit nach der Wende eignen sich Rückübertragungen und Verkäufe sowie die Sanierung der Villenkolonie zur Darstellung, aber auch die Auseinandersetzungen um die öffentliche Nutzung des Uferweges (ehemaliger Postenweg) und des Uferstreifens bis zum Wasser, die durch den Fall der Mauer und den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zugänglich geworden sind.
Reste der historischen Gartengestaltung in verschiedenen Epochen (Gründerzeit, Jugendstil, frühe Moderne) sind ebenfalls sichtbar und können authentisch präsentiert werden.
Die reale Darstellung
Auf einer landschaftlich malerischen Strecke von 3,5 Kilometern können Bürgerinnen und Bürger, Ausflügler aus dem nahen Umland und Touristen ein buntes Kaleidoskop der
Geschichte auf anregende, unterhaltsame Weise erwandern. In Verbindung zu den oberhalb des Seeufers gelegenen Häusern lassen sich die wechselnden historischen Nutzungen zeigen. Einfache Schautafeln reichen dazu aus, reale Erinnerungsfragmente könnten Geschichte als Schichtung verschiedener Epochen veranschaulichen Zusätzlich könnten exemplarisch Teile der Grenzanlagen mit einfachen gartenarchitektonischen Maßnahmen in ihrer ursprünglichen Topographie gezeigt werden. Die Erinnerung an die Hundelaufanlage könnte mit Stahlbändern oder ähnlichem wach gehalten werden, ebenso der Verlauf der Mauer und der Streckmetallzäune. Der ehemalige Postenweg ist durch den jetzigen Wander- und Radweg bereits gut markiert.
Die virtuelle Darstellung
Zusätzlich zur Gestaltung der Topographie wäre eine virtuelle Geschichtsaufbereitung mit Hilfe moderner Technologien denkbar. Auf diese Weise könnte das gesamte Gebiet in verschiedenen Epochen und unter verschiedenen Themen dargestellt werden. Zum einen lassen sich horizontale geschichtliche Zusammenhänge präsentieren. Zum anderen lassen sich geschichtliche Abläufe an einzelnen Gebäuden veranschaulichen. Außerdem lassen sich auf diese Weise auch reale persönliche Erlebnisse und individuelle Berichte in Form von Viedeosequenzen einbauen. Mit virtuellen Darstellungen lässt sich Geschichte für unterschiedliche Interessenlagen und auf verschiedenen Niveaus präsentieren: von der einfachen touristischen Darstellung und der geschichtlichen Aufbereitung für Schulklassen bis hin zur wissenschaftlichen Darstellung.
Die virtuelle Darstellung ermöglicht es zudem, neue Erkenntnisse jederzeit in die Präsentation einzufügen, beispielsweise über die noch wenig erforschte Funktion der Villen zur Zeit der sowjetischen Besatzung oder Erkenntnisse zur Architekturgeschichte zu veranschaulichen. Auch die Rolle Babelsbergs als Filmstadt könnte den Lehrpfad thematisch bereichern – zum Beispiel mit Hinweisen auf Drehorte von berühmten DEFA-Filmen in den einzelnen Villen( Filmausschnitte).
Zu überlegen wäre, ob Teile der virtuellen Darstellung kostenpflichtig auf Smartphones herunterladbar sind, so dass neben einem virtuellen Reiseführer, der auch der Vorbereitung eines Potsdam-Besuches dienen kann, Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt werden kann.
Reale Topographie und virtuelle Darstellung ergeben in der Gesamtheit ein exemplarisches Abbild der verschieden Epochen. Es können auch Hinweise auf wesentliche Gebäude, Architekten, Leistungen, Ereignisse und Kunstwerke und Familienschicksale der „zweiten“ Reihe gegeben werden. (z.B. Riehl-Haus von Mies van der Rohe erbaut, Deportations-Sammelstelle in der Spitzweggasse zur Zeit der Judenverfolgung, Sarre-Villa mit Löwenfries des Ishtar-Tors, Entwicklung der Reichsversicherungsordnung von Prof. Adolf Laß, Lieder Richard Taubers u.v.m.).
Das innovative Konzept
Welt- und Lokalgeschichte real und virtuell dargestellt in Verbindung mit der Schönheit der Landschaft und der Gestaltung als Erholungsgebiet mit Sport- und Freizeitmöglichkeiten ist in
dieser Dichte vermutlich einzigartig.
Die Geschichtspromenade bietet eine ideale Ergänzung zu den anderen Potsdamer Sehenswürdigkeiten des 18. und frühen 19.Jahrhunderts sowie den modernen Anlagen der Schiffbauergasse und des Buga-Parks. Das Ufer des Griebnitzsees bildet nicht nur die topographische Nahtstelle zwischen Potsdam und Berlin, sondern auch das chronologische Bindeglied zwischen den barocken und klassizistischen Schätzen und den modernen Kulturstätten und Gartenanlagen.
Dank der Geschichtspromenade am Griebnitzsee wird eine kulturelle und geschichtliche Gesamtdarstellung der Entwicklung Potsdams erst möglich.
Die Art der Realisierung
Die Realisierung dieses Projektes erfordert vergleichsweise geringe finanzielle Mittel, weil der jetzige Zustand des Ufers bis auf gartenpflegerische Maßnahmen (Entfernung des Wildwuchses) erhalten bleiben kann und Räum- und Abbrucharbeiten nicht notwendig sind. An wissenschaftlichen Untersuchungen der modernen Archäologie arbeiten bereits Forschergruppen an Brandenburger Universitäten. Eine Zusammenarbeit mit den Stadthistorikern Potsdams wird angestrebt, Kontakte bestehen schon, auch zu Pädagogen zur Ausgestaltung interdisziplinärer Projekte mit Schulklassen.
Die touristische Erschließung
Es gibt eine hervorragende S-Bahn und Straßenverbindung von und nach Berlin, die Anlegestelle der weißen Flotte, den einzigartiger Blick über den See mit Wanderung in den Schlosspark Babelsberg und von dort den Blick auf die Glienicker Brücke.
Die Finanzierung
Die Realisierung und Finanzierung des Projektes kann ermöglicht werden durch:
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Gewinnung prominenter Unterstützer und Schirmherren
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Ansprechen von Stiftungen, die sich dem Thema
Geschichte, Öffentlichkeitsarbeit, Volksbildung und Schulbildung verpflichtet fühlen
3.. Nutzung europäischer Fördergelder aus dem Tourismus-Fonds
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Privates Fundraising
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Nutzung der Neuen Technologien in der Stadt
Das Zielpublikum
Potsdamer und Berliner.
Viele ausländische Berlin-Touristen interessieren sich zwar für die Schönheiten der preußischen Königsschlösser, aber sie beschäftigt genauso die Frage: Wo stand die Mauer?
In Berlin fast nirgends mehr - das sollte Potsdam nutzen!
Bereits jetzt werden immer wieder ausländische Touristen auf dem Uferweg angetroffen, die auf eigene Faust dorthin gefunden haben und Passanten nach Truman- und Stalin-Villa fragen.
Schulklassen aus der nahen Umgebung sowie aus dem Bundesgebiet auf ihrer Klassenfahrt nach Berlin.
Der Nutzen für Potsdam
Wenn Potsdam sich zu einer umfangreichen touristischen Aufbereitung entschließen sollte, kann die Stadt nicht nur ein zusätzliches einzigartiges Thema präsentieren. Sie kann sich auch als das darstellen, was bereits die Hohenzollern Potsdam zum Sitz der Sommerresidenz wählen ließen: als Ort am Fluss mit wunderschöner Erholungslandschaft.
Mit einer geschickten virtuellen Darstellung kann sie sich zudem als das einbringen, worin ihre wirtschaftliche Zukunft liegt: als Stadt der innovativen Technologien.
Das Ufer des Griebnitzsees verzahnt Potsdam mit Berlin. Die Geschichtspromenade dient den Hauptstadt-Touristen gleichsam als Eintrittspforte für die weiteren Schönheiten Potsdams.
Der Nutzen für Brandenburg
Die wirtschaftliche Zukunft Brandenburgs liegt ganz vorrangig im qualitativ hochwertigen Tourismus. Eine Geschichtspromenade am Griebnitzseeufer passt in diese Strategie wie maßgeschneidert.